Ganzheitliche Betrachtung des Großhirns unter spezieller Berücksichtigung des präfrontalen Cortex -
unter Annahme einer hierarchischen und einheitlichen Funktionsweise des Gehirns, unabhängig von einer Zuordnung zu
ektoderm, mesoderm oder endoderm entstandenen Organen des Körpers.
Einleitung
Das hier vertretene Modell möchte die Forschung über die Funktionsweisen des Gehirns unter den Gesichtspunkten der Symmetrie,
Kongruenz und Ganzheitlichkeit untersuchen und zu einer übergreifenden Cortex-Funktions-Theorie zusammenfassen. Assoziiert werden soll
möglichst ohne auf der Erste-Person-Ebene eigene Wünsche, Erwartungen sowie kulturspezifische Neigungen in das Modell einfließen
zu lassen - bzw. die eigenen subjektiven Anteile im Interpretationsprozess möglichst zu erkennen und auszufiltern.
Aus historischer Perspektive wird im Gehirn ein Organ vor allem für das Denken gesehen und infolge dessen nach einem Ort dafür gesucht.
Diese Prämisse bestimmte von Anfang an die Vorgehensweise und Theoriebildung in der Forschung. Dem bewussten Erleben und Agieren in
der Umwelt wird dabei eine höhere Priorität zugesprochen und Aufmerksamkeit gewidmet als dem, was sich auf den ersten Blick nicht erschließt,
also dem, was außerhalb der Sinneswahrnehmung und der Willkürmotorik liegt. Eine unvoreingenommene neutrale Suche ohne Vorannahmen,
sofern sie denn überhaupt möglich ist, lag und liegt nicht vor.
Die Vorgehensweise in der Forschung beinhaltet das Aufstellen von Hypothesen, hier mit dem Stellen von Vorannahmen über die
Arbeitsweise des Gehirns, die mit der allgemeinen persönlichen Selbsteinschätzung jedes Einzelnen und damit auch jedes
einzelnen Forschers aus der Erste-Person-Perspektive einhergeht.
Sie wirkt unbewusst in die Erklärung der Hirnfunktionen ein. Allgemein wird dem Gehirn sowohl die Kreation psychischer Funktionen
als auch physiologischer Funktionen zugeschrieben, wodurch erst eine komplexe Ausgangsfragestellung geschaffen wird.
Die Forschung hat sich in ihrer Vorgehensweise bei der Erklärung der Funktionen des Cortex, insbesondere des
präfrontalen Cortex, kaum von der Hilfs-Annahme eines Homunculus, eines Menschen im Menschen, der das Gehirn bedient, entfernt.
Die Integration von Konzepten wie das "Ich", "Selbst", "Denkorgan", "Entscheidungszentrum", oder auch die Idee neuraler Korrelate des Psychischen
verlagert die Homunculus-Grundannahme nur. Konzepte wie "Embodiment" gestehen zwar dem Körper eine wesentliche Rolle in der Kognition zu, aber nicht
eine tragende Funktion auf neuraler Ebene.
Wird dazu der Körper als Ganzes betrachtet, ist auffallend für die 1. Person-Perspektive eine apriori-Gewichtung von Bereichen des Körpers in der
Zuordnung zu dessen bewusster Wahrnehmung im Zusmmenhang mit kognitiven Prozessen: in der Ontogenese entstehen aus den drei Keimblättern sämtliche
Organe des Körpers. Das ektoderme Keimblatt, die Außenschicht des Embryos, aus dem sich die Sinnesorgane entwicken, erfährt in den zugeordneten Organen
die höchste Gewichtung, größte Aufmerksamkeit und wird am längsten neurowissenschaftlich betrachtet. Das mesoderme Keimblatt, die Mittelschicht, aus der
sich unter anderem das Skelett gebildet hat, wird in den zugeordneten Organen neurologisch anerkannt erst mit dem Konzept des "Embodiment".
Bisher neurowissenschaftlich vernachlässigt werden die endoderm, aus der Innenschicht entwickelten Organe, zu denen z.B. Verdauungsorgane wie der Magen
gehören. Dabei ist der Vagusnerv afferent mit dem Thalamus verbunden, also ist ein Informationsfluss von der Peripherie zum Großhirn gegeben.
Die aproiri Vorstellung, wie der Informationsfluss im Gehirn funktionieren kann, wird also beeinflusst von der Verfügbarkeit von Informationen
eines Organs für das Bewusstsein: der Sehsinn, vermittelt über die Augen, erhält eine höhere Wichtigkeit als z.B. der Magen in Verbindung mit afferenten
Informationen. Es mag ja neuronal eine quantitative Wertigkeit entsprechend einer bewussten Verfügbarkeit bestimmter Sinnesorgane geben. Dieses
erlaubt noch keinen Schluss auf eine qualitative Gewichtung der einzelnen Organe untereinander für einen kognitiven Prozess des Organismus in "Echtzeit".
Meines Erachtens ist die tatsächliche Wertigkeit für alle Organe gleich. Warum auch sollte der Organismus Schalldruck-Informationen oder Informationen
aus elektromagnetischen Schwingungen bevorzugen gegenüber chemischen Informationen, die alle Informationen über die Außenwelt bereithalten, nur weil
erstere bewusst wahrgenommen werden, letztere dem Bewusstsein nicht zugänglich sind?
Ebenen der Erfassung des Informationsprozesses
Nach MARR (1982) entscheidet die Wahl der Projektion über die Erfassung der Informationen bzw. über den Teil der potentiell
vorhandenen Informationen, die hinterher erfasst werden. Hier in diesem Skript soll die nach MARR zweite Ebene, "Representation and algorithm" (S. 25),
verändert werden, indem die neurophysischen von den psychophysischen Prozessen getrennt berücksichtigt werden. Es wird hier angenommen,
dass zunächst Algorhythmen rein physischer Natur (input und output) betrachtet werden müssen, bevor Aussagen über Zusammenhänge zwischen
physiologischen und psychischen Erscheinungsbildern gemacht werden können. Das erste Level, die "computational theory" nach MARR, wird hier
ebenfalls anders gefasst: sie geht davon aus, dass alle Informationen des Körpers jedweden Ursprungs gleichwertig und in Echtzeit verarbeitet
werden und gerät damit tatsächlich in eine computational erfassbare Richtung. Letztendlich gibt damit der physische Körper den "Takt", Rahmen
psychischer Prozesse vor, wodurch dem Erleben des "Ich" und einer aus der ersten-Person-Perspektive übergroßer Wichtigkeit des Denkprozesses
natürliche, eher nicht wahrnehmbare Grenzen gesetzt sind. Dafür lässt das Modell Raum für eine individuelle Entwicklung der Persönlichkeit
im einem ganzheitlichen Sinn, da diese (natürlichen) Grenzen in der daraus entstehenden Prozess-Dynamik die Persönlichkeitsentwicklung
fokussieren, optimieren - so wie z.B. ein Auto am besten auf einer eigens dafür konzipierten Autobahn fährt, anstatt in gemitteltem Maß
in einem Maximum aller möglichen Umgebungsvariablen.
Eine direkte Projektion in primären Zentren der Sinnesorgane z.B. spiegelt eine relativ genaue Beziehung zwischen physiologischen
Bedingungen in den Organen und im Gehirn. Da jeweils beide physischer Natur sind - im Gegensatz zu mentalen und emotionalen Prozessen -
ist der Vergleich auf gleicher Ebene effektiver und passender. Es ist daher erlaubt, erst die Beziehung des somatischen Körpers in seiner
Gesamtheit zum Gehirn als ganzes zu untersuchen. In einem weiteren Schritt ist dann erst sekundär auf psychische Funktionen zu schließen.
Eine Suche nach neuronalen Korrelaten psychischer Funktionen als eine Art Lösung des Descartes' Leib-Seele-Problem führt meines Erachtens
in eine Sackgasse.
Der Fehler liegt meines Erachtens in der unzulässigen Vermischung psychischer und physiologischer Funktionen: es können in einem ersten Schritt nur
physiologische Funktionen im Gehirn erklärt werden, da der Körper und damit das Gehirn als physisches Medium logischerweise
grundsätzlich nur physische Informationen verarbeiten kann. Es ist also erst alles Physische miteinander in Beziehung zu setzen;
die Frage nach der Herleitung der (unzweifelbar vorhandenen) psychischen Funktionen kann erst in einem zweiten Schritt erfolgen.
Diese Vorgehensweise umgeht meines Erachtens die Widersprüchlichkeit zwischen dem tradionellen Konzept der "Repräsentation einer
vorgegebenen Welt in einem vorgegebenen Geist" (VARELA et al, 1995, S. 27), also als Abbildung der Außenwelt in einer
psychischen Innenwelt und dem der kognitiven Inszenierung von Wirklichkeit.
Eine "Vernetzung" von Gehirnzellen bedeutet hier zunächst lediglich die mögliche Verbindung sämtlicher physisch über den Körper erhältlichen
Informationen des Organismus auf Cortexebene. Stärkere Vernetzung heißt dann bessere Verwertung der bereits vorhandenen physischen
Informationen. Wieweit es Korrelationen mit psychischen Funktionen gibt, leitet sich erst daraus ab. Denkbar wäre z.B. auch eine Theorie, wonach
es für bestimmte psychische Funktionen jeweils einen optimalen Ort der physischen Informationsverarbeitung gibt, wenn davon ausgegangen
wird, dass physische und psychische Korrelation nicht deckungsgleich sein müssen sondern im Laufe des Lebens "erlernt" sein können. Dann
gibt es auch die Möglichkeit der Annahme einer "falschen", ungünstigen, durch suboptimale Entwicklungsbedingungen erworbenen Konstellation
psychischer und physischer Prozesse, die z.B. psychosomatische Erkrankungen hervorbringt. Ich gehe davon aus, dass es zwischen der Ebene
der vernetzten Nervenzellen und den mit dem Gehirn in korrelativer Verbindung stehenden psychischen Phänomenen eine Ebene der Vernetzung
sämtlicher über den Körper erreichbaren Außeninformationen auf physischer Ebene gibt.
Einzelnen Cortexbereichen lassen sich unter dem Aspekt der Ganzheitlichkeit und Synchronizität
abweichende Funktionsweisen zuordnen und in einen geänderten Gesamtzusammenhang stellen. Empirische Ergebnisse lassen sich anders
interpretieren.
Insbesondere der präfrontale Cortex lässt sich meines Erachtens ganz anders bewerten; die Einflüsse der inneren Organe auf
die Gesamttätigkeit des Cortex und das Verhalten des Organismus halte ich für unterschätzt.
Im wesentlich geht es hier um eine Theorie, in der das Großhirn Informationen über die Umgebung des Organismus nicht nur
über die Sinnesorgane und (Willkür-) Motorik erhält, sondern letztlich über den gesamten Körper, einschließlich der Innenorgane. Sie werden
dann in cortikalen Zentren, die vermutlich das gesamte Großhirn betreffen, in dreifacher Weise repräsentiert: in einem ersten Schritt primär
und in weiteren Schritten sekundär und tertiär: von der abstrakten Ebene der Außeninformation als elektromagnetische Schwingung,
Schalldruck, elektrische und chemische Information hin zu einer "Objektisierung" unter Zuhilfenahme zeitlich vorangegangener gespeicherter
Informationen.
Die aktive Inszenierung der Wahrnehmung über psychische Prozesse, die in Teilen wohl auch die physische Informationsverarbeitung
beeinflusst, erfolgt in einem zusätzlichen Schritt, der hier getrennt betrachtet wird. Im Informationsfluss auf physischer Ebene
von primär zu tertiär ist in der Struktur bereits eine Inszenierung vorbereitet.
Ganzheitlichkeit - Verkörperlichung unter Einbeziehung des ganzen Organismus
Wesentlicher Punkt dieser Überlegungen ist die Annahme einer Ganzheitlichkeit. Alle Informationen, die der Cortex erhält, sind
grundsätzlich gleichwertig, der gesamte Cortex verarbeitet sämtliche Informationen, die er von der Außenwelt erhält.
Unterschieden werden kann nur zwischen unmittelbaren Informationen der Außenwelt - über die Sinnesorgane -
und mittelbaren Informationen - indirekt vermittelten Außen-Informationen über die Muskulatur und die Innenorgane.
Hier liegt ein Unterschied zur Theorie von FUSTER (1991, S. 339ff., auch zusammengefasst in: AFFENTRANGER, 2006, S. 76 ff.), der den
Cortex unterteilt in einen postzentralen Teil, der für die Verarbeitung von Wahrnehmungsinformationen zuständig ist, und in
einen präzentralen Teil, der für die Verarbeitung von Handlungen, Kognitionen und Emotionen zuständig ist.
In den alternativen Überlegungen wird nun der Teil des Cortex, der anterior zur Zentralfurche liegt, ersetzt durch die Annahme einer
Projektion und Verarbeitung von Informationen der Innenorgane und der Muskulatur, sozusagen die Verarbeitung von mittelbaren,
inner-organismischen Informationen des Organismus. Die Bewertung des postzentralen Cortex erfolgt genauso wie bei FUSTER, bezieht sich
dementspechend aber auf unmittelbare Informationen.
Es gibt noch eine Möglichkeit der Erklärung über die Ontogenese des Menschen: berücksichtigt man die frühe
Entwicklung und die aus den Keimblättern entstandene Aufteilung in ektoderm, mesoderm und entoderm (es bezieht sich
ektoderm u.a. auf Sinnesorgane, Nervensystem, mesoderm u.a. auf Skelettmuskulatur, glatte Muskulatur der Eingeweide, Herz,
Blutgefäße, Nieren, innere Geschlechtsorgane, entoderm u.a. auf Verdauungstrakt, Leber, Atmungstrakt), so bezieht sich das
Gehirn im Bereich posterior der Zentralfurche auf die ektoderme Entwicklung (Zentren für die Sinnesorgane), anterior anschließend
befindet sich vermutlich die mesoderme Zuordnung (wegen der nachweisbaren Zentren für die Willkür-Muskulatur),
verbleibt möglicherweise für den anschließenden präfrontalen und frontalen Bereich die Entwicklung aus dem
entodermen Keimblatt.
Ein weiterer Unterschied zu den anerkannten Theorien ist die Annahme einer einheitlichen primären Verarbeitung physischer Informationen
über die physischen Nervenzellen im Cortex; die emotionale und kognitive Verarbeitung ist sekundär und höchstens der
physischen Verarbeitung überlagert.
Auf die Annahme von Assoziationszentren kann verzichtet werden. Das, was in der empirischen Forschung gelegentlich als "Assoziation"
interpretiert wird, lässt sich erklären über neuronale Aktivität innerhalb ausschließlich physiologisch
generierter Informationen.
Der mereologische Fehlschluss, den BENNETT & HACKER (2010) beschreiben, kann
somit - und mit den noch folgenden Überlegungen - vermieden werden.
Kognititve Inszenierung durch physischen Informationsfluss von primären zu nachfolgenden Zentren
Eine weitere Annahme ist die Unterteilung der Informationsverarbeitung über sämtliche Bereiche des gesamten Cortex hinweg in
primäre Zentren, die die Informationen direkt abbilden (z.B. wie im primären visuellen Zentrum die
einzelnen Wellenlängen des Lichts) und in der Reizweiterleitung nachfolgende, sekundäre Zentren, die eine Spezifizierung,
Weiterverabeitung der Informationen innerhalb eines Zentrums abbilden (z.B. im sekundären visuellen Zentrum die Fähigkeit,
Strukturen, Muster zu erkennen). Es wird hier angenommen, dass diese Unterteilung für alle Cortex-Zentren gilt.
Nach der sekundären Verarbeitung erfolgt die Reizweiterleitung in tertiäre kortikale Zentren. Für das visuelle System bedeutet es die
Wahrnehmung bzw. Wiedererkennung von Objekten. In der Literatur finden sich z.B.
für den visuellen Bereich der sogenannte "ventrale Pfad" der visuellen Reizweiterleitung zur "Aera IT" im inferioren temporalen Cortex, wo
"ein kleiner Anteil ihrer Neuronen stark auf Abbildungen von Gesichtern reagiert" (BEAR et al, 2009, S. 371).
Für den motorischen Bereich berichten KARNATH & THIER (2006, S. 656) von einem "Hierarchie"-Prinzip, in dem tertiäre Anteile des Cortex - im
Gegensatz zu primären und sekundären Arealen - modulationsunspezifisch verarbeiten: automatisierte Bewegungen werden z.B. in pariofrontalen
Netzen unabhängig von der ausführenden Extremität gespeichert, d.h. ein Bewegungsprogramm ist unabhängig davon, ob es mit der Hand oder dem
Fuß ausgeführt wird.
Wird jetzt obiges Prinzip übertragen auf andere Sinnesorgane, ergäbe sich z.B. für den Weg von primär zu tertiär für den auditiven Bereich
die Informationsverarbeitung von Schalldruck-Schwingungen über die Wahrnehmung von Tonmustern zur (Wieder-) Erkennung von sprachlichen
Inhalten.
Diese hierarchische Verarbeitung auf physischer Ebene nimmt eine psychische Inszenierung bereits vorweg; sie beinhaltet von primär zu tertiär
in zunehmendem Maße selber eine Inszenierung. Bekannte Beispiele sind in der visuellen Wahrnehmung Bilder, die vom Gehirn abwechsend als
verschiedene Objekte wahrgenommen werden. Die physische Informationsverarbeitung benutzt für sich das Springen auf die jeweils nächsthöhere
Metaebene und erzeugt damit in gewisser Weise ein Muster, Abbild, in weitestem Sinne physische kognitive Struktur als Vorbild für eine
Reflexionsfähigkeit des ganzen Individuums.
Wie für primäre und sekundäre Zentren angenommen soll hier ebenfalls von einer generellen Informationsverarbeitung des gesamten Körpers über
sämtliche Modalitäten der Informationsbeschaffung von "außen" ausgegangen werden, also auch tertiär. Tertiäre Zentren der inneren Organe sind
als theoretisches Konstrukt einer repräsentatorischen Meta-Ebene leider schwer vorstellbar. Sie könnten aber auf physischer Ebene in kognitiver
Verarbeitung ein wichtiges Bindeglied sein für eine Art "Blaupause" einer kognitiven psychischen Struktur sein.
Hier liegt der Kern einer Theorie, die psychische Strukturen nicht in der Physis fest verankert sieht sondern durch diese lediglich als locker
gesteuerte Metapher; mit Messmethoden erfasst werden können lediglich physische Strukturen. Tertiäre Zentren innerer Organe bedingen als
hypothetisches Konstrukt einer physischen Inszenierung körperinnerer Prozesse auf abstrakter Ebene eine Überleitung auf korrelative Zusammenhänge
mit psychischen Inszenierungen. Zum Beispiel Magentätigkeit: von chemischen Ereignissen (primäre Ebene) über Strukturen chemischer Ereignisse
(sekundär, auf Spezifität von Nahrung bezogen) zum Verdauungsprozess des Magens (tertär, auf den Veränderungsprozess pro Zeiteinheit bezogen).
In der Stille-Meditation erfährt man, nachdem sich die mentale Tätigkeit durch die körperliche Ruhe verringert hat, nach einer Mahlzeit ein
Ansteigen der mentalen und emotionalen Aktivität, je nach Art der Nahrung. Sicher hängt die psychische Aktivität nicht ausschließlich von der
physischen Verdauungstätigkeit ab - vorhandener psychischer Stress wird eine Meditation und körperliche Tätigkeit allgemein beeinflussen.
Allerdings bietet sich eine Erklärung an, nach der die physische Struktur psychischen Vorgängen eine Basis vorbereitet, eine "Blaupause",
die der psychschen Ebene unbewusst eine Richtung, Struktur vorgibt.
Nahrung wird zudem auf verschiedene Weise verdaut, "verarbeitet", nicht nur über den Magen sondern ebenfalls durch andere Organe, in
anderen "Qualitäten". Auf psychischer Ebene werden Ereignisse, Situationen ebenfalls verarbeitet, so dass der Mensch mit zunehmender
Dauer in Zeiteinheit eine leicht veränderte Einstellung zu den Dingen seiner "Welt" hat.
Die obigen Beispiele bezogen sich jetzt nur auf die Überleitung von ektoderm bezogenen Organen, den Sinnesorganen auf die endoderm
entwickelten Organe, also die innersten, die für Verdauung, Veränderung pro Zeiteinheit stehen. Bisher fehlt noch die Berücksichtigung
der mesoderm entstandenen Organe, die für ein Gleichgewicht, eine Verhältnismäßigkeit der Kräfte des Organismus sorgen wie z.B. das
muskuläre System oder die Herztätigkeit. Da sich der Körper aus allen dreien Keimblättern entwickelt, soll hier davon ausgegangen werden,
dass alle drei über physische primäre bis tertiäre Verarbeitungs- und Inszenierungsebenen den Rahmen, die Struktur für eine optimale
Entwicklung eines Individuums auf psychischer Ebene bereitstellt.
Mittelbare Informationsverarbeitung über Zentren der Innenorgane
Als mittelbare Informationsverarbeitung soll hier die Aufnahme und Umwandlung von Informationen bezeichnet werden, die lediglich indirekt
Rückschlüsse auf die Außenwelt ermöglichen: über die Muskeln, die Innenorgane sowie viscerale Informationen.
Zum Beispiel ist die über den Magen aufgenommene Nahrung eine Informationsquelle über die Außenwelt. Diese Information
erscheint für sich genommen banal, erhält aber Bedeutung durch eine zeitnahe Zusammenführung mit anderen, unmittelbar
aufgenommenen Informationen in zentraler Zusammenführung. In diesem Beispiel: die Unterscheidungsmöglichkeit von guter und
schlechter Nahrung anhand von Informationen über die Sinnesorgane.
Im Unterschied zur kognitiven Sichtweise wird aber kein von physiologischen Prozessen unabhängiges separates Entscheidungszentrum
angenommen, sondern die Entscheidung ist selbst ein Teil des physiologisch basierten Vorgangs innerhalb des Cortex. Das "Ich" erscheint eher
selbst als ein Teil des physiologisch basierten Vorgangs und ist deshalb für eine Entscheidungsfindung nicht nötig.
Angenommen werden soll, dass die Unterteilung vereinfacht in eine primäre und sekundäre Art der Informationsverarbeitung erfolgt und
in allen cortikalen Zentren gilt: eine direkte Repräsentation und eine sekundäre,
spezialisierte Erfassung der in direkter Repräsentation gewonnenen Informationen (von der Annahme tertiärer Erfassung soll hier abgesehen werden).
Was auf visueller Ebene einfach zu verstehen ist, setzt auf der postulierten Ebene der inneren Organe einen höheren Abstraktionsgrad voraus:
während eine primäre Repräsentation einfach die Erfassung der einzelnen Organe sein kann, könnte ein sekundäres Zentrum ein
Zusammenhangsmuster zwischen den einzelnen Organen darstellen.
Immerhin besteht zwischen den Organen im wesentlichen ein zeitlicher Zusammenhang in der Abfolge ihrer Tätigkeit.
Z.B. durchläuft aufgenommene Nahrung (bzw. deren Endprodukte) vom Magen bis bis zum Darm in einem bestimmten Zeitraum bestimmte Organe.
Nahrung ist somit eine Informationsquelle der Außenwelt. Möglicherweise besitzt jede Nahrungsart ein individuelles
Muster der Frequentierung bestimmter Organe in Aufnahme, Assimilierung und Ausscheidung.
Der Organismus könnte bestrebt sein, dieses Muster möglichst frühzeitig zu erkennen, um eine Vorhersage über die
Innervierung seiner selbst zu bekommen. Der ideale Ort dafür ist ein cortikales Zentrum der Innenorgane. Die Konsequenzen dieser
Annahmen sind noch weitreichender:
Der Organismus erhält - als Ergebnis phylogenetischer Entwicklung - primär Informationen über die Anzahl und die Menge der
verschiedenen aufgenommen Nahrungsorganismen (Arten). Dadurch erhält er eine Vielzahl von artspezifischen Innervierungsmustern.
Die Informationen über anteilige Inhalte wie z.B. Eiweiße, Fette, Vitamine usw. erschließen sich erst in
einem zweiten Schritt.
Außerdem dürfte der Organismus eine gewisse Varianz erlernen: eine physiologische Varianz, aufgrund einer natürlichen
Variation der aufgenommenen Nahrung und eine Art innere Varianz, bei der die genau gleiche Nahrung je nach Zustand des Organismus anders
verarbeitet wird.
Das Erkennen einer inneren Varianz würde dem Organismus Rückschlüsse auf andere physiologische Zustände geben,
z.B. das (physiologische) Erfassen eines verlangsamten Stoffwechsels und der kognitive Rückschluss auf psychische Ursachen.
In der Neurophysiologie gibt es mehrere Hinweise, die die zentrale These stützen: So sind laut BIRBAUMER & SCHMIDT(2006) 80 - 90% aller
Nervenfasern im parasympathischen Nervus vagus afferent, d.h. zum Zentralnervensystem hin gerichtet. Das autonome Nervensystem insgesamt
besitzt Afferenzen vom Hypothalamus zum Thalamus (gilt nicht umgekehrt). Zwischen Hypothalamus und präfrontalem Cortex bestehen ebenso
Verbindungen. Die einzige Region des Neocortex, die mit dem Hypothalamus verbunden ist, ist der präfrontale Cortex
(KARNATH & THIER, 2006, S. 472).
Es gibt Untersuchungen, die einen Einfluss des Darmnervensystems auf die Psyche nahelegen.
Ein Beispiel für Merkmale eines primären Zentrums innerer Organe könnten die Annahmen von DAMASIO (1991) über Patienten mit ventromedialer
Schädigung sein, die keine Beziehung zu innerkörperlichen Zuständen haben sollen und damit keine somatischen Marker ausbilden
können (DAMASIO, zusammengefasst von AFFENTRANGER, 2006, S. 82ff.).
Einem sekundärem Zentrum innerer Organe würde ich daher eine Erfassung zeitlicher Strukturen und eine Erfassung von "Prozess" im weitesten
Sinn zuschreiben, da in gewisser Weise Außenwelt erfasst, umgewandelt, assimiliert und teilweise ausgeschieden wird.
Ähnlichkeiten haben diese Überlegungen mit der Theorie von DUNCAN (2000), der in seiner Theorie des "Adaptive Neural Coding" postuliert,
dass sich Neurone im Frontalcortex den jeweiligen Erfordernissen der Informationsverarbeitung anpassen und nicht funktionell spezifiziert
sind (DUNCAN, zusammengefasst von AFFENTRANGER, 2006, S. 88ff).
Angenommen wird in der hier vorgestellten Theorie aber letzten Endes, dass das Gehirn sämtliche Informationen, dessen es habbar wird,
für einen evolutionären Vorteil nutzen wird und kann, indem es auch diejenigen des innerkörperlichen Zustands auf gleicher
Ebene verwendet, da sie genauso in vielfältiger Weise mit der Außenwelt in Verbindung stehen. Die zugrunde liegende Ideologie ist
aber eine andere: während nach traditionellem Ermessen das Individuum Nahrung aufnimmt, damit es sich fortbewegen und an viele Orte
zur Ausübung der Sinneswahrnehmung gelangen kann, bedeutet es hier, dass sich das Individuum in seiner Ganzheit permanent in
einem Prozessgeschehen in Interaktion mit der Umwelt befindet.
Die Theorie der "somatischen Marker" von DOMASIO (2014, S. 237) beschreibt insofern die Wichtigkeit körperlicher Informationsverarbeitung,
als sie einen Automatismus in der schnellen Entscheidungsfindung des Individuums annimmt. Allerdings sind meines Erachtens hierfür nicht
Gefühle aus dem Inneren des Körpers (DOMASIO, 2009, S. 102) entscheidend, sondern zugrunde liegende Körperliche Algorhythmen selbst.
Warum sie Denkprozessen untergeordnet sein sollen ist fraglich - vermutlich liegt diese Annahme in der Erste-Person-Perspektive des
reflektierenden Menschen, der sein Denken in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt (nicht nur der Autor), begründet.
Lateralisation des Gehirns
Analog zu dem hier vertretenen Modell ist eine Erklärung für die Lateralisation des Gehirns schlicht die Erschaffung jeweils zweier "Abbilder" aus den zeitlich gleichen
Informationen aus der Außenwelt, die der Cortex erhält. Sie werden miteinander verglichen und erzeugen eine Validierung der zusammengefügten Informationen.
Vermutlich geht eine größere Abweichnung der dualen "Abbilder" der Außenwelt mit einer Hemmung einher, da die Situation uneindeutig bewertet wird und wahrscheinlich
Zusatzinformationen vom Organismus benötigt werden.
Analog zum erheblichen Informationsgewinn der dualen Informationsaufnahme- und Verarbeitung auf der Ebene der Sinnesorgane, z.B. die Ermöglichung räumlichen Sehens
und Hörens durch jeweils zwei Augen und Ohren, muss eine optimale Gesamt-Informationsverarbeitung nicht in einem eins-zu-eins Abbild liegen, sondern gerade
in der Gegenüberstellung der Informationsverarbeitung unter differenten Aspekten, z.B. Gesamt- versus Detailbetrachtung. Eine Prüfung der gewonnen "Abbilder" der
Außenwelt auf unterschiedlichen Ebenen erhöht die Stärke deren Validität.
(Ein ähnliches Modell einer vergleichenden Arbeitsteilung der beiden Hirnhälften vertritt RAMANCHANDRAN (1995), wobei bei ihm allerdings die linke
Hirnhälfte die Aufgabe hat, ein "Skript" über die Kongruenz des Verhaltens zu überwachen, während die rechte Hirnhälfte die Aufgabe hat, Anomalien
zu entdecken.)
Somit ergibt sich aus diesem Modell eine Informationsverarbeitung des Cortex auf vier Ebenen: Zunächst primär über die repräsentative Erfassung der
Außenwelt-Informationen über primäre Hirnzentren. Dann eine Spezifizierung dieser Informationen in (artspezifisch sinnvoller Weise) einer potentiell
größeren Anzahl sekundärer Hirnzentren.
Tertiär entspräche dann die Zusammenfügung dieser Informationen über die Hirnzentren hinweg zu einem "Gesamtbild".
Quartär entspräche dann schließlich dem Vergleich zweier solcher "Gesamtbilder".
Verhältnis physische Informationen zu emotionaler und kognitiver Verarbeitung
In etablierter Sichtweise ist der Cortex unterteilt in eine heterogene Vielzahl von Zentren, denen die unterschiedlichsten Attribute
kortikaler Verarbeitung zugesprochen werden, je nachdem in physiologischer, mentaler oder affektiver Art.
Sie unterliegt daher besonders der Gefahr des "mereologischen Fehlschlusses", den BENNETT & HACKER (2010)
in der Zuschreibung psychologischer Eigenschaften zu einem Teil des Menschen (Gehirn) anstelle des ganzen Lebewesens beschreiben. Meines
Erachtens hat sich die Forschung noch immer nicht ganz von der Vorstellung eines "Homunculus" befreit, vermutlich, weil es zur gewöhnlichen
Selbstwahrnehmung einer Person besser passt.
Hier soll jetzt der Cortex beschrieben werden als ein primär physiologisches System, welches sämtliche ihm zur Verfügung stehende, die
Außenwelt betreffenden physiologischen Informationen auf zwei Ebenen (primäre und sekundäre Zentren) sammelt und miteinander vernetzt.
Der Blickwinkel ist evolutionär: ausgehend von der Vorstellung der phylogenetischen Entwicklung einfacher mehrzelliger hin zu komplexen
Lebewesen, die über ihre sich entwickelnden Gehirne ein immer differenziertes, besseres Abbild der Außenwelt bzw. eine umfassendere
Inszenierung schaffen, um den Selbsterhalt effektiver leisten zu können. Ein wesentliches Prinzip dabei ist die Informationserhaltung
durch Nahrungsaufnahme, Aufspaltung und Assimilierung in das eigene (physiologische) System sowie die Ausscheidung unbrauchbarer Anteile.
Dieses grob beschriebene dynamische Prinzip setzt sich phylogenetisch über die Entwicklung vom Tier zum Menschen fort.
Eine besondere Annahme stellt hier die Betrachtung von psychischen Funktionen als eine Überlagerung von physiologischen definierten Zentren.
Emotionale und mentale Prozesse benötigen demnach keine eigenen Zentren sondern sind lediglich eine phylogenetisch erfolgte Differenzierung
der sowieso stattfindenden physiologischen Prozesse. Sie bilden den physiologischen Prozess der Informationsaufnahme, Umwandlung,
Assimilierung und Ausscheidung auf emotionaler und kognitiver Ebene ab. Diese Zusammenführung der Informationen findet dann in sekundären
Zentren, die die Aktivitäten der Innenorgane kortikal erfassen, statt. Hier soll nichts über die Substanz von Emotionen und Kognitionen
gesagt werden sondern lediglich, dass sie in bestimmter Weise durch ein physiologisch basiertes dynamisches Prinzip organisiert werden.
Die im Cortex gespeicherten Informationen über den dynamischen Prozess der Interaktion mit der Außenwelt (hier im Beispiel die Nahrungsaufnahme
und Weiterverarbeitung bis zur Assimilierung und Ausscheidung) sind die physiologische "Blaupause" für die psychische Informationsverarbeitung
der Umwelt. Die Nahrungsumwandlung, die praktisch von Geburt fast ununterbrochen in einem Individuum vonstatten geht, wird vom Cortex erfasst und
bildet die Grundlage für eine ebensolche emotionale und kognitive Umwandlung der Außeninformationen für eine besseres Interagieren mit der
Umwelt.
Psychische Funktionen benötigen so keine eigenen Zentren, sondern sind den Zentren für physiologische Informationen überlagert, da sie
den selben Prozess auf anderer Ebene darstellen. Von besonderem Interesse sind meines Erachtens die (sekundären) Zentren, die Außeninformationen
über mehrere Organe hinweg in einen zeitlichen Zusammenhang setzen können (z.B. der Weg der Nahrung über Magen, Leber, Niere, Darm usw.).
Sie erfassen einen physiologischen Prozess in Beziehung zu einer Zeiteinheit. Sie könnten die Basis sein z.B. für eine gefühlte Zeit und eine
Fähigkeit, sich veränderten Umgebungsbedingungen anzupassen. Also Funktionen, die traditionell dem präfrontalen Cortex als Alleinstellungsmerkmal
zugeschrieben werden und hier einem sekundären Zentrum der Innenorgane zugeordnet werden sollen. Nach der hier vorgestellten Theorie sind
die inneren Organe über deren cortikale Zentren der Motor der persönlichen Entwicklung eines Individuums. Darüberhinaus bildet diese
cortikale physiologische Grundlage das Grundmuster ("Blaupause") für die optimale Entwicklungsstruktur, die das Individuum im Laufe seiner
Existenz idealerweise zunehmend auf dessen emotionale und kognitive Prozesse anzugleichen lernt.
Ein Beispiel für die Plastizität der Verbindung zwischen der physischen und der psychischen Ebene bilden meines Erachtens die
Überlegungen zum Selbstmodell von METZINGER (2008), insbesondere die Einbettung von Versuchen mit Spiegeln bei Patienten mit
fehlenden Körperteilen von RAMACHANDRAN (1996) über den Umgang mit und die Beseitigung von Phantomschmerzen.
Anmerkung: In spiritueller Hinsicht lässt sich die These aufstellen, dass der Mensch seine Entwicklung als Mensch vollendet hat, wenn er seine
genannten Prozesse auf allen Ebenen (physiologisch, emotional, mental) im Einklang gebracht hat, er also zum gewöhnlichen Menschen seiner Bestimmung nach geworden ist.
Das "Ich" ist selbst ein Teil des physiologisch basierten Vorgangs und deshalb für eine Entscheidungsfindung nicht nötig. Das Denken
und die Gefühle sind nicht nur von physiologischen Prozessen beeinflusst, sondern spiegeln denselben kortikalen Prozess auf
anderen Ebenen an gleicher Lokalität. Die innnerkörperliche Verarbeitung der Umwelt ist der Motor bzw. die "Blaupause"
für die psychische Verarbeitung des Erlebens in denselben, überlagerten Zentren des Cortex. In noch anderen Worten: der
Mensch unterscheidet sich vom Tier nicht durch ein einzigartiges Entscheidungszentrum, sondern lediglich durch das Stattfinden der
sowieso ablaufenden physiologischen Prozesse zusätzlich auf einer anderer Ebene als kognitiver Prozess.
Heuristische Algorhythmik
Um die Art der Informationsaufnahme und -verarbeitung zwischen dem Organismus und der Außenwelt zu beschreiben, passt meines Erachtens auf seiten
des Organismus der Begriff der heuristischen Algorhythmik am besten: Heuristisch, weil der Organismus damit die Kunst beschreitet,
"...mit begrenztem Wissen und wenig Zeit [...] zu wahrscheinlichen Aussagen oder praktikablen Lösungen zu kommen" (GIGERENZER, G. & TODD, P. M.,
1999, zitiert in Wikipedia).
Algorhythmen, weil der Organismus ebenfalls eindeutige Handlungsvorschriften, basierend auf ... "endlich vielen,
wohldefinierten Einzelschritten" (ROGERS, H. Jr., 1971, zitiert in Wikipedia), besitzt, bezogen auf die Prozesse mindestens in primären
Hirnzentren sowie in den folgenden Schritten der Weiterverarbeitung in nachrangigen Zentren (z.B. visuelles System: zunächst Erfassung der
elektromagnetischen Wellen, dann Weiterverarbeitung in spezifischen Hirnregionen zur visuellen Objekterkennung). Hier ist jetzt allerdings
nicht lediglich die sensomotorische Verarbeitung gemeint, sondern sämtlicher "Input" des Körpers, sowohl über exoderm, mesoderm als auch
endoderm entwickelte Organe. Jedes Organ hat dabei seinen eigenen spezifischen Algorhythmus; heuristisch ist die Weiterverarbeitung in den
nachfolgenden Zentren als auch deren Zusammenspiel.
In der hier künstlichen Trennung zwischen körperlichen und psychischen Prozessen würde ich eindeutige Algorhythmen allein dem Körper auf der
physischen Ebene zuordnen; heuristisch würde ich die Prozesse sowohl auf psychischer als auch (zum größten Teil) auf körperlicher Ebene
bezeichnen.
Die permanenten Prozesse algorhythmischer Art sind meines Erachtens das hauptsächliche strukturierende Element in der Heuristik
der psychischen Verarbeitung und dem Verhältnis beider Ebenen zueinander: die permanente "Erfahrung" des Körpers bietet demnach der Psyche
den Rahmen, die Basis und Orientierung zur Veränderung psychischer Strukturen und damit neuer Erfahrungen in qualitativer, eine Metaebene
beschreitender (und eingefahrene Verhaltensmuster überwindener) Hinsicht.
Mehrfache Projektion des Körpers auf Hirnebene
Dieses Modell ist nun die Lösung aus obigen Überlegungen. Es soll annehmen, dass im Rahmen des inszenierenden kognitiven
Informationsflusses der gesamte Körper mehrfach
in Hirnarealen repräsentiert wird, wobei die Art der Abbildung unter verschiedenen Aspekten klassifiziert werden kann:
unter dem obigen Aspekt in funktionaler Repräsentanz auf der Ebene des Cortex und in
somatotoper Repräsentanz im Inselcortex.
Die Projektion im Cortex ist vom Prinzip her funktional: Es werden z.B. die Sinnesorgane in ihren Funktionen lokalisiert, nicht aber
deren Ort oder räumliche Ausdehnung. Dagegen beziehen sich die empirischen Ergebnisse der Insular-Forschung auf das Lokalisieren von
physischen Entitäten in Beziehung zur räumlichen Lage im Körper.
Ein inneres Organ (auf das hier speziell eingegangen werden soll), wie z.B. der Magen, wird somit zweimal repräsentiert:
einmal als physisches Organ in räumlicher Beziehung zum Gesamt-Körper im Inselcortex, und einmal in seiner Funktion als
verarbeitendes Organ in Beziehung zu den Funktionen anderer Teile des Körpers. Bei empirischen Versuchen werden Organe also
idealerweise gleichzeitig an einem spezifischen Ort im Inselcortex und an einem spezifischen Ort im Großhirn angezeigt.
Bei der Betrachtung empirischer Arbeiten zum vegetativen Nervensystem fällt eine vielfache Projektion auf mehreren Ebenen im Gehirn auf.
Betreffend nicht nur den Cortex und den Inselcortex, sondern auch andere Regionen bis hin zu Schaltkernen (BENARROCH,1997, S. 29 - 60).
Dies führt nun hier zu der Annahme, dass alle Informationen, die den Körper durchlaufen, in ihrer Projektion in zweifacher Weise
charakterisiert werden können, sich die Algorhythmik der Informationsverarbeitung fundamental unterscheidet:
in
divergente Projektion und in konvergente Projektion.
Divergent auf der Ebene des Großhirns im Sinne des Erhalts einer größmöglichen Vielfalt an Informationen, der Gewinnung einer Unzahl von
Einzelheiten, um den größtmöglichen Gestaltungsspielraum in der Umwelt zu erreichen.
Konvergent auf der Ebene des Mittelhirns und des limbischen Systems, um eine effiziente Bündelung, Reduzierung der Informationen auf wenige,
möglichst übergreifende Entitäten zu erreichen. Bedeutsam in der Vorbereitung des Organismus auf schnelle Reaktionen, z.B. der Aktivierung des
sympathischen oder parasympathischen Nervensystems auf der Ebene des Hypothalamus, unterstützt durch die Ausschüttung von Hormonen. Oder die
Langzeitspeicherung nur der wesentlichen Umweltinformationen über die Aktivität des Hippocampus. Auf der Ebene des Hirnstamms sicherlich
durch die Aufrechterhaltung homöostatischer körperlicher Basisfunktionen wie z.B. der Atmung.
Abgrenzung zum Inselcortex
Meines Erachtens sind die dem Inselcortex zugesprochenen Eigenschaften eher allgemeiner, übergreifender Art. Dieser ist nicht eine Region der
Erfassung primärer oder sekundärer Informationen der Innenorgane. OTT sieht im vorderen Inselcortex eine "Meta-Repräsentation
des gefühlten Leibes" (2010, S. 47). Er bezieht sich insbesondere auf Forschungsergebnisse zur Vipassana-Meditationstechnik, bei der
bestimmte Körperregionen innerlich erfühlt werden, sowie auf Ausarbeitungen von CRAIG (u.a. 2009). In der Vipassana-Technik geht es
um die Erfühlung innerer räumlicher Strukturen, wo Meditierende "mit der Aufmerksamkeit systematisch den
Körper durchwandern" OTT, 2010, S. 65).
CRAIG (2009) sieht im vorderen Inselcortex einen Ort, der ein neurologisches Substrat für Bewusstsein bereitstellt.
Bei der hier vorgestellten These wird aber stattdessen nach Zentren für bestimmte Organe gesucht, im Grunde unabhängig vom
lokalisierten Ort.
Die empirischen Ergebnisse zum Inselcortex können auch ganz anders interpretiert werden:
Zunächst einmal ist der posteriore Teil des Inselcortex über afferente Verbindungen, dem laminar I thalomocortical Pfad, mit körperlich
tieferliegenden Strukturen verbunden. FARB (2013) sieht im posterioren Inselcortex einen primären interoceptiven Cortex, der viscerale Funktionen,
z.B. die Atemfrequenz oder die Schmerz-Wahrnehmung regelt. Er sieht von posterior Richtung anterior einen Gradienten von interozeptiver zu
exterozeptiver Projektion. Der anteriore Inselcortex verbindet demnach Projektionen der Außenwelt mit inneren physiologischen
Zuständen, die posterior abgebildet sind. Ihm wird zugeschrieben, afferente physiologische Signale mit höherwertigen Informationen,
die in einen Gesamtkontext eingebettet sind, zu verbinden.
Studien zur Schmerzwahrnehmung sind meines Erachtens nicht so eindeutig interpretierbar: während BROOKS et al (2005) eine somatotope
Repräsentation der Schmerzwahrnehmung im posterioren Inselcortex vorfinden, ist sie bei HENDERSON et al (2007) auf posteriore wie anteriore
Gebiete verteilt. In einer Studie von TSAKIRIS et al (2007) zu einer "Gummi-Hand-Illusion", wo ein Proband nicht wirklich seine Hand bewegt,
aber das Gefühl davon erzeugt wird, ergab sich eine Aktivierung der zentralen Insula.
Meines Erachtens ist die Insula ein Ort, der den gesamten Körper dreidimensional, in der räumlichen Lage der einzelnen Organe zueinander,
abbildet. Als evolutionäres "Nebenprodukt" entsteht dabei ein rudimentäres, physiologisches Selbstbild, was in der Bewusstseinsforschung
zum Tragen kommt. Möglicherweise ist es die kortikale Lokalität für eine neuronale repräsentative und funktionale Basis zur Entstehung
eines Selbstbildes nach METZINGER (2008).
Betrachtung des präfrontalen Cortex
Zunächst fällt in der Literatur die überwiegende Zuordnung psychischer Prozesse zum präfrontalen Cortex auf.
Bei genauerer Betrachtung wird diese Zuordnung differenziert: prozessorientiert hinsichtlich unterschiedlicher psychischer
Funktionen und lokalitätsorientiert über Unterschiede innerhalb des präfrontalen Cortex.
Übergreifende Konzepte, die den präfrontalen Kortex betreffen: "Exekutive Kontrolle" (executive-control-network) und
"Entscheidungsfindung" (decision-making), "Kaskadenmodell" der Informationsverarbeitung und "Ruhemodus"
(default mode network),
Zur exekutiven Kontrolle gehören laut GLÄSCHER et al (12) Antworthemmung, Konfliktmonitoring und Umschalten, lokalisiert im
dorsolateralen präfrontalen und dem anterioren cingulären Kortex; Entscheidungsfindung wird danach als wertbasiert angesehen und dem
orbitofrontalen, ventromedialen und frontopolaren Kortex zugeschrieben (S. 14681).
In sogenannten "Netzwerken" hirnübergreifender Aktivitätsmuster beschreibt CRAIG (09) ein "executiv-control"- Netzwerk, welches unter anderem
den dorsolateralen präfrontalen Cortex einschließt.
CHRISTOFF (11) erklärt den medialen präfrontalen Cortex als Teil des "default-mode"- Netzwerks, welches einen Ruhe-Zustand der Inaktivität
des Gehirns beinhaltet. Laut ANDREWS-HANNA et al (10) gehört zu diesem Netzwerk der posteriore cinguläre Kortex, der anteriore mediale
präfrontale Kortex sowie der mediale Temporallappen. Als Funktion wird diesem Ruhenetzwerk zugeschrieben, immer dann aktiv zu sein, wenn
sich das Individuum in Untätigkeit befindet (sozusagen in "Ruhe"). Außerdem bei selbstbezogenen mentalen Aufgaben sowie, sich in jemand
anderes hineinzuversetzen ("theory of mind"). Nach ANDREWS-HANNA besteht dieses Netzwerk aus zwei gegensätzlichen Subsystemen: einer
Komponente entlang der Gehirnmitte für eher spontane Entscheidungen und einer temporal liegenden Komponente für Gedächtnis-basierte
Entscheidungen.
Es unterscheiden CHRISTOFF & GABRIELI (00) in ihren Untersuchungsergebnissen zwischen external generierter Information im
dorsolateralen präfrontalen Cortex und internal generierter Information im frontopolaren Cortex. Sie gehen von einem Drei-Stufen-Modell
präfrontaler Organisation aus, was von posterior nach anterior eine zunehmende Überlagerung und damit Komplexität der Informations-
verarbeitung beinhaltet: zunächst ventrolateral eine einfache Wiederholung und Erinnerung von Informationen, dann dorsolateral dasselbe plus
einer Steuerung und Veränderung external generierter Information, schließlich frontopolar die beiden beschriebenen Prozesse plus einer Steuerung
und Veränderung internal generierter Information.
In einer anderen Untersuchung beschreibt CHRISTOFF et al (09) von posterior nach anterior eine zunehmende Tendenz der Informationsverarbeitung
unter dem Aspekt "kognitiver Kontrolle" in Richtung Abstraktheit der Information, genauer: von ventrolateral über dorsolateral nach rostrolateral.
Ähnlich geht BADRE (08) von einem "Kaskadenmodell" einer repräsentationalen Hierarchie im Bereich der kognitiven Kontrolle entlang einer Achse
von rostral nach kaudal aus: die höchste Abstraktheit, Generalisiertheit findet als "branching control" rostral statt, während am Gegenpol eine
spezielle Handlungsausführung "sensory control" kaudal geplant wird.
DOMENECH & KOECHLIN (15) gehen von 2 verschiedenen adaptiven Bewertungssystemen (und neurologischer Pfade) der Entscheidungsfindung aus: ein
erfahrungs- und erinnerungsbasiertes System, welches aufgrund von Wahrscheinlichkeiten eine geeignete Handlung aus einer (geringen) Anzahl von
Handlungsperspektiven auswählt, sowie ein "online"-System, welches neue Handlungsalternativen kreiert und einübt. Während der erste Pfad
medial verlaufen soll ("medial inference track", vom ventromedialen zum dorsomedialen präfrontalen Cortex), sehen sie letzteren lateral
("lateral inference track", vom frontopolaren zum prämotorischen Cortex) (S.103).
Für die Region des ventromedialen (orbitofrontalen) Cortex sieht REISCHIES (02) einen Zusammenhang sowohl zu Emotionen als auch zu neuralen
Korrelaten des Inneren: "Besonders der mediale orbitofrontale [...] Kortex bilden eine Zwischenstation zu Hirnstammkernen, die
vegetative und affektive Funktionen erfüllen" (S. 91).
Nicht zuletzt für das Konzept des "theory of mind", dem sich-hineinversetzen in die Gefühle Anderer, sehen SALLET et al (13) eine Lokalität
im anterioren dorsalen Frontalkortex (S. 12255).
Überleitung zwischen Modellen der Erklärung empirisch generierter Daten und der hier vorgestellten Theorie übergreifender
physikalischer Algorhythmen der Organe
Wie können die empirischen Befunde nun in ein System eingebunden werden, welches psychische Korrelationen als eine Ebene beschreibt, die in
Interaktion mit einer darunter liegenden Ebene von Netzwerken physischer Information gesehen werden soll?
Eine Erklärung könnte sein, eine Verarbeitung höchster Komplexität einem primären Zentrum der Verarbeitung von Außeninformationen innerer
Organe zu zu schreiben: die größte Fülle an Außeninformationen gelangt zunächst ungefiltert primär in ein kortikales Zentrum, in höchster
abstrakter physischer Information, d.h. als reine chemische Information (analog zur elektromagnetischen Wellen-Information eines primären visuellen
Zentrums oder der Frequenzen des Schalldrucks in einem auditiven primären Zentrum), die erst in nachfolgenden Zentren "objektisiert" wird
- mithilfe kortikal bereits gespeicherter Informationen enaktiv und fokussierend in die innere "Welt" eingeordnet wird.
Übertragen auf ein Modell einer vorgeordneten Prozess-Struktur physischer kortikaler Informationsflüsse ergibt sich die abstrakteste psychische
Informationsverarbeitung an frontopolarer Lokalität, das somit vermutlich im Ursprung ein primäres Zentrum innerer Organe ist. Spekulativ
lässt sich die These aufstellen, an frontopolarer Stelle liegt das primäre Zentrum der Magentätigkeit (Magen als Zentrum endodermer verdauender
Funktion) an anteriorer kortikaler Position - im Gegensatz zum visuellen Zentrum an posteriorer Kortikaler Position - und somit die
äußerlichste, dem Bewusstsein am einfachsten zugängliche Sinnesinformation des Visuellen genau gegenüber dem tiefsten, unbewusstesten Punkt
einer Verdauungstätigkeit. Dazwischen, medial, die mesodermen Zentren, die sowohl teilweise bewusst zugänglich sind sowohl Außeninformationen
nicht direkt erhalten (z.B. das Skelettmuskelsystem).
Wie lassen sich die empirischen Befunde für psychische Korrelationen einfügen? Ein Kaskadenmodell mit zeitlich verzögerter Aktivität in
bestimmter Lokalität könnte sich als eine Abfolge von primärem über nachfolgende Zentren passierendem Informationsfluss erklären, ebenso
Abstraktheit versus konkreter Objektbezogenheit. Zur Anschauung: selbst in visuellen Zentren sollte die größte Informationsfülle und Abstraktheit
im ungefilterten Informationsfluss elektromagnetischer Schwingungen im primären Zentrum gegeben sein. Visuelle Objekte sollten dagegen erst
in nachfolgenden Zentren konstruiert und aus der Eingangs-Fülle mit Hilfe mnestischer Funktionen reduziert worden sein.
Interessant ist der vielfach auftauchende Erklärungsversuch über 2 verschiedene Pfade der Informationsverarbeitung im präfrontalen Kortex.
Laut der hier vorgestellten Theorie müsste es genau 2 solche geben: zum einen den Pfad der "Inszenierung" von primärer Information zu
subsequenter Informationsverarbeitung, und zum anderen einen speziell endodermen Pfad der nachgeschalteten Verarbeitung in nachgeschalteten
Organen (z.B. vom Magen zur Leber). Letzterer wäre wohl der phylogenetisch ältere Verarbeitungspfad, der möglicherweise bis auf Einzellerebene
rückführbar ist. Dagegen dürfte ersterer eine phylogenetisch modernere, möglicherweise spezifisch menschliche Errungenschaft sein und damit
eine vielfältige Nutzung endodermer Information.
Daraus möchte ich schließen, dass irgendwo im Bereich des frontopolaren Kortex das primäre Zentrum des Magens (als zentrale Station der
Verdauungstätigkeit und Beginn einer zeitlich anschließenden Weiterverarbeitung in nachfolgenden Organen) lokalisiert ist. Nachfolgende
Verdauungsorgane sind demnach nach posterior medial angeordnet; nachfolgende Zentren sekundärer (und tertiärer) Art Richtung posterior
lateral. Diese relativ banalen Algorhythmen endodermer kognitiver physischer Informationsverarbeitung stellen danach die Basis, Richtung
und Struktur psychischer Verarbeitung auf einer anderen Betrachtungsebene gleicher Lokalität dar. Es ist allerdings konträr zum
allgemeinen menschlichen Selbstbild, mentale Prozesse nicht ins Zentrum der Kognitionen zu stellen sondern als etwas darzustellen, was
nur untergeordnet, in einem größeren Rahmen kognitiv ist.
Empirische Herleitung kortikaler Zentren der inneren Organe
Ein empirischer Beweis von kortikalen Zentren der inneren Organe ist sicher sehr schwierig. Eine Möglichkeit könnte der Vergleich bieten von mit
bildgebenden Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomographie (fRMI) hergeleiteten Daten von Personengruppen mit vorher
festgestellten Defekten bestimmter Organe. Die Auffälligkeiten müssen zudem innerhalb der jeweiligen Personengruppe möglichst
homogen sein. Zusätzlich muss die Größe der Population aufgrund der durch obige Unwägbarkeiten erwarteten Varianz
möglichst hoch sein.
Ermöglichung alternativer diagnostischer Verfahren des Körpers
Die Annahme einer Theorie der Lokalisation sämtlicher innerer und äußerer Organe auf Cortexebene bedeutet in der Konsequenz,
dass der ganze Körper in verschiedener Funktionsweise im Großhirn abgebildet wird. Daraus ist die Entwicklungsmöglichkeit neuer
diagnostischer Methoden zu folgern:
die zeitgleiche und möglichst ortsgenaue Erfassung sämtlicher physischer Lokalisationen der einzelnen Körperorgane
im Cortex, erfasst über eine Art Haube unter Zuhilfenahme eines
leistungsstarken tragbaren Computers. Erfasst werden können dann längsschnittlich die Abweichungen eines individuellen
Cortexabbilds einer Person von einem durchschnittlichen einer bestimmten Vergleichspopulation in einer
Zeiteinheit, eventuell zusätzlich unter bestimmten situativen Bedingungen.
Erfasst werden könnte dann z.B. eher die Dysfunktion eines Organs anstelle einer "Dysanatomie", einer somatisch visuellen
Auffälligkeit in einem bildgebenden querschnitterfassenden Verfahren. Oder auch möglicherweise psychosomatische
Verknüpfungen im Cortex unter situativen Belastungsbedingungen bzw. umgekehrt der neurophysiologische Nachweis der Wirksamkeit
z.B. körperorientierter Psychotherapie. Das Verfahren wäre, einmal etabliert, einfach handhabbar, leicht einsetzbar und eine
Ergänzung z.B. zur CT und ebenfalls zur fMRT.
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